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Presserecht für die journalistische Praxis

nr-Fachkonferenz 20./21. März 2015
Mediencampus Villa Ida der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig

Anmeldung unter nrch.de/presserecht
 
Friday, March 20 • 16:00 - 17:00
„Fliegender Gerichtsstand“ – Wieso können sich Presseanwälte das ihnen genehme Gericht rauspicken?

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Medienanwälte können nach eigenem Gutdünken das Gericht aussuchen, bei dem sie juristisch gegen Journalisten/innen, Verlage oder Sender vorgehen wollen – sei es mit Einstweiligen Verfügungen oder Klageschriften. Die Begründung für diese juristisch einzigartige Regelung („Fliegender Gerichsstand“): Weil Zeitschriften, Zeitungen und Fernsehsendungen bundesweit gelesen oder gesehen werden können, kann gegen die Beiträge auch bei allen Gerichten in Deutschland geklagt werden – also überall dort, wo Leser/innen oder Zuschauer/innen tatsächlich sind oder auch nur vermutet werden. Diese (nur auf den ersten Blick nachvollziehbare) Praxis wird von vielen Anwälten dazu benutzt – manche Kritiker sagen auch missbraucht -, sich für ihre Einstweilgen Verfügungen und Klagen immer die Gerichte und die Richter auszusuchen, die für schnelle Verbote bekannt sind.

So kommt es, dass weit mehr als die Hälfte aller Presseurteile in Deutschland von nur drei Kammern gesprochen werden – in Berlin, Köln und Hamburg. Wie sehr das von der Einstellung des jeweiligen Richters abhängt, zeigt das Beispiel Köln. Die Pressekammer war jahrelang als besonders liberal bekannt und bekam – obwohl große Medien in der Stadt zuhause sind – relativ wenige Klagen. Das änderte sich, als der Vorsitz wechselte und die Kammer weniger pressefreundlich urteilte. Inzwischen geht jede 4. Klage gegen Medienerzeugnisse in Deutschland nach Köln.

Hinzu kommt, dass die Pressekammern immer häufiger Einstweilige Verfügungen erlassen, ohne den angegriffenen Medien überhaupt Gelegenheit zu geben, sich zu dem Antrag auf Verbot einer Äußerung oder gar eines ganzen Beitrag überhaupt zu äußern. Der frühere BGH-Richter Bornkamm, der vor 20 Jahren einer Presserechtskammer vorstand, kann sich nicht erinnern, dass damals „ein Gericht auf die Idee gekommen wäre, ohne Gehör (der Gegenseite)zur Unterlassung zu verurteilen, und wenn es noch so eilig war.“

Und wenn das angerufene Gericht eine Einstweilige Verfügung partout nicht erlassen will, bleibt den Klägern immer noch die Möglichkeit, den Antrag zurückzuziehen und zu versuchen, bei anderen Pressekammern ein Verbot oder eine Unterlassung zu erwirken. Für eine Reihe von Presseanwälten gehört das zum Alltagsgeschäft, andere geißeln das „Gerichtshopping“ genannte Verfahren als unanständig und sogar rechtsmissbräuchlich.

Die Veranstaltung beleuchtet aktuelle Beispiele dieses „Fliegenden Gerichtstands“,
informiert über die Hintergründe und gibt Tipps, wie sich betroffene Journalisten/innen wehren können. Und widmet sich auch der Frage, warum der Gesetzgeber die entsprechenden Regelungen nicht (endlich) verändert.

Weiterführende Links:

- "Köln nimmt das alles" (Jürgen Dahlkamp & Barbara Schmid)

Moderatoren
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Markus Grill

Editor in Chief, Correctiv
Markus Grill is the editor in chief of Correctiv. Previously, he worked for Der Spiegel as a reporter for six years, including as a economy correspondent in Washington D.C. between 2012 and 2014. Before his time at Der Spiegel he worked as reporter for „stern“ in Hamburg between... Read More →

Referenten
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Eva Frauenschuh

Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht, Bezzenberger Rechtsanwälte
Eva Frauenschuh studierte von 1990 bis 1995 Rechtswissenschaften in Berlin und Freiburg. Nach einem 6-monatigen Aufenthalt in Florenz, absolvierte sie ihr Referendariat in Berlin, Kapstadt und Sydney. Im Anschluss an ihre Ausbildung arbeitete sie als selbstständige Rechtsanwältin... Read More →
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Kirsten von Hutten

Justiziarin Gruner + Jahr / Sprecherin Presserat
Dr. Kirsten von Hutten (49) studierte Rechtswissenschaften in Bonn und Lausanne und promovierte anschließend. Es folgten Stationen beim SWR, Redeker Schön Dahs und Sellner und schließlich bei Gruner+Jahr, wo sie nach Abschluss des 2. juristischen Staatsexamens 2001 ihre berufliche... Read More →
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Markus Kompa

Rechtsanwalt und Blogger
Markus Kompa wurde 1972 in Kaiserslautern geboren. Er studierte in Saarbrücken und Münster Jura und leistete sein Referendariat in Bochum. Bereits von Anfang an faszinierte ihn das Medium Internet, dessen Entwicklung er u.a. am Institut für Informations-, Telekommunikations- und... Read More →


Friday March 20, 2015 16:00 - 17:00 CET
Seminarraum I

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